Weihnachten am PoS kann so schön sein: Wenn die Qualität der Werbemittel stimmt!

Weihnachtszeit ist Werbezeit, vor allem am Point of Sale. Laut EHI Marketingmonitor steigen die Ausgaben für direkte Handelswerbung am PoS kontinuierlich. 2007 lag der Anteil der additiven Werbung am PoS noch bei 30 % der Gesamt-ausgaben in der Retail-Kommunikation.
2017 war dieser Anteil bereits auf 52 % gestiegen und die Prognose liegt für 2020 sogar bei 58 %, im Vergleich zu 42 % für printbasierte Ankün-digungskommunikation, z. B. Prospekte, Magazine und Anzeigen (EHI Markenmonitor Handel 2017–2020).

Dieser Trend ist zum einen der unaufhaltsamen Digitalisierung am PoS geschuldet. Ein zweiter nicht zu vernachlässigender Faktor ist der immer größer werdende Aufwand, den Markenartikler betreiben, um physische Markenerlebnisse am PoS zu schaffen. Diese müssen allerdings immer noch größtenteils gedruckt und von Werbetechnikern installiert werden. Gerade zur Weihnachtssaison kann man hier viele kreative Meisterwerke bewundern. Aber oft auch die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn dem weihnachtlich gestimmten Kunden schon am Geschäftseingang die großflächigen Schaufensteraufkleber entgegenkommen. Die Qualität der auf den Handelsflächen eingesetzten Werbemittel lässt leider oft zu wünschen übrig. Werbeaufkleber, die sich lösen oder unschöne Blasen werfen, labbrige Textilien, die mehr schlecht als recht von der Decke hängen, oder windschiefe Displays, bei deren Anblick alles andere als Kauflaune aufkommt. Woran liegt es, dass gerade im Large-Format-Bereich, also da, wo es am meisten auffällt, deutliche Qualitätsunterschiede in der Produktion und Umsetzung zu erkennen sind?

 

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Qualitätsdefizite beim Markenerlebnis am PoS – ein Erklärungsversuch. An der Konzeption und Umsetzung von PoS-Kampagnen sind in der Regel der Markenartikler als Auftraggeber, die Werbeagentur als kreative Instanz und Projektkoordinator und der Drucker oder Werbetechniker als produzierendes und ausführendes Gewerk beteiligt. Bei der Fülle von Aufgaben eines Retail-Marketing-Managers auf Kundenseite kann und muss man keine detaillierten Kenntnisse in der Produktion und Umsetzung von PoS-Werbemitteln mehr voraussetzen. Das war vor einigen Jahren möglicherweise noch anders. Durch die zunehmende Digitalisierung haben sich die Ansprüche in den Stellenbeschreibungen aber deutlich verändert.

Grundsätzlich sind diese Kenntnisse in der Print-Produktion aber auch nicht zwingend notwendig, um ein zielführendes Briefing zu verfassen. Für die produktionstechnischen Details und die perfekte Umsetzung der Kreativkampagnen der Designer sollten ja eigentlich die Spezialisten aus der Produktionsabteilung der Werbeagenturen zuständig sein. Sind sie grundsätzlich auch, wenn sie in den Agenturen noch existieren. Auch hier hat die Digitalisierung dazu geführt, dass immer mehr Digitalkompetenz aufgebaut und immer mehr Produktionsabteilungen personell dezimiert oder direkt komplett outgesourct wurden. Somit geht Print-Know-how verloren. Wo früher noch Leuchttische zur Lithoabnahme und Regale mit Druckmustern gestanden haben, sitzen jetzt verstärkt User-Experience-Designer und Software-Entwickler. Bleiben letztendlich nur noch Drucker und Werbetechniker, die eisern über die Qualität der Druckerzeugnisse wachen können! Warum auch nicht, haben wir es hier doch mit den echten Spezialisten zu tun. Aber auch für die Druckprofis ist die Arbeit in dem beschriebenen Dreiecksverhältnis Kunde –Agentur – Druckdienstleister in letzter Zeit nicht unbedingt einfacher geworden. Erstens gibt es kaum noch Standardjobs am PoS. Durch die Vielzahl an neuen Druckmedien und Verarbeitungstechniken gleicht kaum noch ein Auftrag dem anderen. Das ist einerseits spannend, führt aber andererseits dazu, dass es immer weniger Routinetätigkeiten in der Produktion gibt. Und oft fehlt die Zeit, neue Medien aufwendig in der Anwendung und direkt auf der Druckmaschine zu testen. Hier kommen wir direkt zum zweiten wichtigen Punkt. Durch den Verlust an Produktionswissen und den damit verbundenen Verlust an Qualität im Briefing gehen von Anfang an wichtige Informationen verloren.

Ich möchte an dieser Stelle ganz kurz zwei Beispiele beschreiben, die ich selbst so als Marketingverantwortlicher erlebt habe. Im ersten Fall wurde ein umfangreiches PoS-Paket für mehrere hundert Retail-Filialen in ganz Deutschland produziert. Unter anderem auch mit großen, auch in der Form sehr kreativ gestalteten, Werbeaufklebern. Die relevante Information, die es im Vorfeld leider nicht bis zu dem verantwortlichen Drucker geschafft hatte, war der Umstand, dass man sich ab dieser Kampagne die Merchandiser auf Kundenseite sparen wollte. Die Filialleiter waren von nun an selbst für das Anbringen der Werbemittel verantwortlich. Das Ergebnis kann sich jeder bildlich vorstellen, der schon einmal gesehen hat, wie ein motivierter Laie, mit einer Rakel bewaffnet, versucht hat, erstmals einen mannshohe Weihnachtskugel in seinem Schaufenster anzubringen. Ein Desaster, das sich möglicherweise schon durch einen einfach wiederablösbaren Kleber hätte vermeiden lassen.

 

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Im zweiten Beispiel ging es, wie man im Nachgang schmerzlich feststellen musste, sowohl um den Kleber als auch um das Schutzlaminat. Ein großer Automobilhersteller hatte zu einer wichtigen Produktneueinführung u. a. aufmerksamkeitsstarke Promotions mit meterhohen Verklebungen in Parkhäusern europäischer Metropolen geplant. Die entsprechenden Aufkleber wurden ausgeschrieben und zentral von einem Druckdienstleister für alle Standorte produziert. In der Ausschreibung wurde unglücklicherweise nicht darauf hingewiesen, dass man es in den unterschiedlichen Parkhäusern mit durchaus unterschiedlichen Bedingungen zu tun hatte. Verschiedene Untergründe, Flächen, die zum Teil im Außenbereich lagen und somit Witterungsbedingungen ausgesetzt waren, und eine völlig unterschiedliche Frequenz von Fahrzeugen pro Stunde. Auch hier ist das Ergebnis für den Fachmann vorhersehbar: Aufkleber, die sich erst gar nicht verkleben ließen, die nach einigen Stunden im Sprühregen deutlich an Klebkraft und Brillanz verloren oder durch Auspuffgase nach wenigen Tagen nicht mehr als das zu erkennen waren, was sie eigentlich darstellen sollten. Zwei Beispiele, die nicht nur den Erfolg der Werbekampagnen negativ beeinflusst haben, sondern auch noch einfach vermeidbar gewesen wären.

Der dritte Punkt, der ein Qualitätsrisiko bei der Produktion von Large-Format-Medien darstellt, ist der gestiegene Kostendruck. Längst unterhält sich der Drucker nicht mehr ausschließlich mit dem verantwortlichen Marketingmanager auf Kundenseite, sondern in letzter Instanz auch sehr intensiv mit dem Einkauf. Hier werden oft in letzter Minute die Preisverhandlungen verschärft und es kommt regelmäßig vor, dass der Drucker gezwungen ist, bei der Auswahl des Mediums im letzten Moment Qualitätskompromisse einzugehen, die dann bei der Endabnahme am PoS zu Enttäuschungen führen können.

Fassen wir also zusammen: Ein hoher Grad an Individualisierung bei PoS-Kampagnen, Defizite in der Planung und beim Briefing durch einen Verlust an Print-Know-how sowie ein immer stärker werdender Preisdruck erhöhen das Risiko, dass das Markenerlebnis im entscheidenden Moment, nämlich am Punkt der Kaufentscheidung, negativ ausfällt. Die entscheidende Frage ist: Wie wirkt man diesem gestiegenen Risiko entgegen? Meiner Meinung nach gibt es hier zwei Möglichkeiten, die nicht vom Aufbau zusätzlicher personeller oder monetärer Ressourcen abhängig sind:

  1. Die Druckexperten sollten schon in einem frühen Stadium der Kampagnenplanung mit am Tisch sitzen. Die technische Umsetzung ist im Large-Format-Bereich oft schon die eigentliche kreative Idee. Erinnern Sie sich noch an den titanischen Oliver Kahn, der zur WM 2006 in Deutschland am Münchner Flughafen für die Fans aus aller Welt über die Autobahn hechtete? Um solche Markenerlebnisse zu realisieren, braucht man frühzeitig Fachexpertise in der technischen Umsetzung und beim Druck. Dabei sind auch die Vertriebsgesellschaften und Produzenten von LFP-Medien in der Pflicht. Es geht nicht mehr nur noch um die Produktion und den klassischen Vertrieb von weißer Folie. Vielmehr muss auch hier echte Beratungskompetenz aufgebaut und Endkunden und Werbeagenturen als Service zur Verfügung gestellt werden.
  2. Trotz Zeit- und Preisdruck müssen die Druckdienstleister sauber gebrieft und beauftragt werden. Wenn alle wichtigen Rahmenbedingungen frühzeitig bekannt sind, können machbare Alternativen identifiziert bzw. getestet werden und manchmal wird mit einer vernünftigen Planung sogar Unmögliches möglich gemacht!